bochum macht spaß
Foto: Varieté et cetera

VARIETÉ ET CETERA UNTER „NEUER“ LEITUNG

Text: Jürgen Stahl
Fotos: Varieté et cetera

VARIETÉ ET CETERA UNTER „NEUER“ LEITUNG

Als das Varieté et cetera gegründet wurde, war sie zwei Jahre jung. Jetzt macht sich Lara Begic-Cabello auf, das Lebenswerk ihrer Eltern fortzuführen. Mit ihrer Mutter Silvia Cabello hat die 34-Jährige die Geschäftsführung des weit über Bochum hinaus bekannten und beliebten Theaters übernommen. Auch wenn Mama vorerst das et-cetera- Gesicht bleibt: Die ersten Produktionen tragen bereits die Handschrift der neuen Co-Chefin.

Es ist Anfang der 90er-Jahre, als zwei Artisten und ein Kaufmann ihre eigene fahrende Bühne gründen. Sie nennen sie „Varieté et cetera“, um sich auch anderen Kunstformen, etwa Lesungen oder Konzerten, zu öffnen. Denn sie glauben, dass Artistik allein zum Überleben nicht reicht. Falsch gedacht. Seit 33 Jahren ist Show-Time. In Riemke feierte das et cetera 2024 sein 25-jähriges Bestehen.

Was heute ein Bochumer Aushängeschild ist, nimmt Ende der 80er-Jahre im Zirkus Roncalli seinen Anfang. Silvia und Ronny Cabello stehen als Flamenco-Tänzerin und Feuerkünstler in der Manege, Jörg Richter leitet die Kasse. „Wir beschlossen: Irgendwann machen wir uns selbstständig“, erinnert sich Silvia Cabello.

Irgendwann ist 1991. Aus Beständen des insolventen DDRKabaretts „Lachsack“ steht ein blaues Veranstaltungszelt samt Wagen zum Verkauf. Das Schätzchen wird für kleines Geld gekauft und restauriert. „Lachsack“ wird mit „et cetera“ überpinselt. Die erste eigene Tour, sie kann beginnen. Erster Spielort ist 1992 der Ostseestrand von Travemünde. Fortan ist die Truppe in ganz Deutschland unterwegs, gastiert mehrfach auch in Bochum: am Bismarckturm, auf dem Fiege-Brauhof. Des ewigen Reisens müde, greift das Trio dankbar zu, als die Bogestra eine dauerhafte 700-Quadratmeter-Spielfläche auf ihrem Betriebshof an der Herner Straße 299 offeriert. Der „Lachsack“ hat ausgelacht. Ein neues Zelt wird angefertigt.

1999 ist Premiere in Riemke. Der Rest ist Geschichte. Mit anfangs jährlich vier, inzwischen drei Shows gilt das et cetera als Top-Adresse für Liebhaber der gepflegten Artistik und Comedy. Seit dem Bau der eigenen Küche 2007 gibt es als Dinner-Show-Format auch Erlesenes auf die Gabel.

Ab 2011 ersetzt eine neu gebaute Halle das energiefressende Zelt. Jährlich 40.000 Besucher werden hier trefflich unterhalten – jäh unterbrochen nur von der Corona- Pandemie, die den Familienbetrieb in die tiefste Krise seiner Geschichte stürzt. Doch die Cabellos und ihr eingeschworenes Team haben den Überlebenskampf gemeistert. „Hurra, wir sind wieder da!“ – der Titel zum Neustart 2021 ist bis heute Programm, auch wenn die Kapazität dauerhaft von 300 auf 256 Plätze reduziert wurde. Die gilt es, zu füllen, bezieht das Varieté anders als städtische und staatliche Bühnen doch keinerlei öffentliche Zuschüsse.

Derweil ist der Generationswechsel in vollem Gang. Jörg Richter und Ronny Cabello haben sich weitgehend zurückgezogen. Silvia Cabello will ihrem Theater mit 25 festen Mitarbeitern und 35 Aushilfen zwar noch eine ganze Weile verbunden bleiben, ist aber stolz und glücklich, ihre Tochter als zweiten Teil der Doppelspitze an ihrer Seite zu haben. Die kreative Expertise von Lara Begic-Cabello ist nicht nur familiär bedingt. Schon als Gymnasiastin (Abitur an der Goethe-Schule) überzeugte sie im Zirkus RatzFatz als Hula- Hoop-Künstlerin. Die Kostüme schneiderte sie selbst, und zwar mit so großer Begeisterung, dass sie in Berlin ein Studium zur Diplom-Modedesignerin absolvierte und später unter anderem für das Modelabel von Guido Maria Kretschmer arbeitete.

2016 kehrte sie nach Bochum zurück. „Für mich war es damals ausgeschlossen, im Theater meiner Eltern zu arbeiten. Ich wollte mein eigenes Ding machen“, erzählt Lara Begic- Cabello. Es kam anders. Mit ihrem Mann Edis (45), der früher als Kellner im et cetera tätig war, gründete sie ihre eigene Familie. Ergebnis: Das Ehepaar hat zwei Kinder, Leo (7) und Alma (4). Edis ist Leiter der Theater-Gastronomie. Lara ist in die Geschäftsführung eingestiegen und strahlt: „Wir bauen uns hier unsere gemeinsame Zukunft auf.“

„I am what I am“ war 2023 die erste Staffel, die Lara Begic- Cabello allein verantwortete. Diversität spielte die Hauptrolle bei der Cast-Besetzung, „geprägt von Vielfalt, Toleranz, Respekt, Liebe und Anerkennung“. Frischer, jünger und innovativer soll es auch künftig zugehen, sagt die Frohnatur. Das gilt für die wirtschaftlich immens wichtige und weithin anerkannte Varieté -Küche mit Angeboten auch für Kinder und Vegetarier ebenso wie für die Shows, die mehr denn je die ganze Familie ansprechen sollen. „Wir müssen vor allem auch die jüngeren Menschen erreichen“, sagt Lara Begic-Cabello. Von den Großeltern bis zu den Enkeln sollen alle Generationen Spaß haben. Das gelingt aktuell mit der Wintershow „Viva la Vida“ mit Los Machos als herrlich durchgeknalltem Spanien-Duo mit Comedy, Klampfe und Klamauk. Zum Ensemble zählen zudem das Duo Oksana & Gregoriy am Trapez, die Partnerakrobaten Albina & Andrei, Jongleur Gregoriy Lovygin, Beatriz Corral am Vertikaltuch und Skating Phoenix mit furioser Rollschuh- Akrobatik.

„Via la Vida“ läuft noch bis zum 2. März. Vom 7. März bis 15. Juni wird es „Absolut magisch“. Der Zauberer und Illusionist Alexander Merk führt durch die Frühjahrsstaffel, die mit dem Duo Richter (Quick-Change & Magic Rope), Rodrigo Tolzen (Großillusion & Laserman), dem Duo Fire (Luftring), Natalia Vorona (Pole), Vladimir Omelchenko (Rola-Bola) sowie Olga & Vladimir (Duo Jonglage) aufwartet. Regie führt erneut Sammy Tavalis. Die Vorstellungen beginnen donnerstags und freitags um 20 Uhr, samstags um 16 und 20 Uhr sowie sonntags zum Brunch und um 19 Uhr. Infos und Karten auf variete-et-cetera.de.