HOLGER STRATMANN | EINFACH NUR FAN
Foto: Rock Hard

Interview: David Wienand

Fotos: Rock Hard

Foto: Rock Hard

HOLGER STRATMANN | EINFACH NUR FAN

Als 2003 das 20-Jährige Jubiläum des in unserer Nachbarstadt Dortmund erscheinenden Heavy-Metal- Fachmagazins »Rock Hard« angemessen gefeiert werden wollte, entschloss sich der Herausgeber Holger Stratmann dazu, ein Jubiläumsfestival zu organisieren, das dann auf der Kanalbühne im Amphitheater in Gelsenkirchen mit hochkarätigen Bands wie Blind Guardian, Kreator, Saxon und Anthrax erfolgreich über die Bühne ging. So erfolgreich, dass nun, 2023, der 20. Geburtstag des mittlerweile etablierten und nur während der Corona-Pandemie kurzzeitig ausgesetzten »Rock Hard«-Festivals gefeiert werden kann. Am Pfingstwochenende Ende Mai vom 26. bis 28.5. sind u. a. die Michael Schenker Group, Testament, Brian Downey`s Alive and Dangerous, Psychotic Waltz, Holy Moses, Triptykon und Exodus die lautstarken musikalischen Gäste und werden ca. 7.000 Headbangern und auch dem Initiator, Holger Stratmann, mächtig einheizen. Mit dem »Rock Hard«- Chef sprach David Wienand für Bochum macht Spaß über die Jubiläumsfeier und seinen Blick auf die Geschichten von Magazin und Festival.

Holger, bist du ein Mensch, der gerne Jubiläen feiert, z. B. 40 Jahre »Rock Hard«-Magazin und 20 Jahre »Rock Hard«-Festival?
Selbstverständlich, solche Wegmarken kommen schließlich nie wieder. Und ich bin optimistisch, dass trotz der aktuellen Lage ganz viele Menschen mitfeiern werden. Ich stehe allerdings nicht gerne im Mittelpunkt und werde das Spektakel wahrscheinlich eher am Rande genießen. Wir machen den Verlag in erster Linie für die Künstlerinnen und Künstler, die Musikkultur und natürlich die Fans.

Wenn du die 40 Jahre »Rock Hard«-Magazin Revue passieren lässt, was hast du selbst am meisten an persönlichen Erfahrungen daraus gezogen?
Ich ziehe keine Grenze zwischen Arbeit, Leidenschaft und Privatleben. Das ist zwar oft ein Privileg, kann aber in Krisenzeiten auch sehr belastend sein. Ich habe mit 18 Jahren angefangen und versuche immer noch, mich an diese Konstellation zu gewöhnen. Ansonsten: Ehrlich währt am längsten.

Worin liegt für dich das Erfolgsrezept des Magazins, das du immerhin vier Jahrzehnte lang – sicherlich durch manche Höhen und auch Tiefen – am Leben erhalten konntest?
Das Ganze muss „leider“ immer wieder neu erfunden werden. Vom Fotokopierer zur Offset-Druckerei, vom Internet zur App. Wir haben gerade den nächsten Evolutionsschritt getätigt und werden versuchen, mit digitalem Musikjournalismus eine Duftmarke zu setzen. Das ist für einen kleinen Verlag zwar eine mega Herausforderung, hält mich und meine tolle Crew aber auch fit.

Kannst du ein, zwei Begegnungen und Gespräche mit Musikerinnen oder Musikern nennen, die dir bis heute besonders im Gedächtnis geblieben sind oder dir viel bedeuten?
Die schrägsten Vögel sind oft sensible Seelen, Al Jourgensen (Ministry) oder Dave Mustaine (Megadeth) zum Beispiel. Kurt Cobain (Nirvana) hat mal die entscheidende Idee für ein Fotoshooting geliefert, was von seiner enormen Kreativität zeugte. Da ich selber sensibel bin, kann ich mich gut in solche Leute hineinversetzen, das ist vielleicht besser als ein großspuriges oder auch unterwürfiges Auftreten. Autogramme habe ich deshalb nur von Status Quo auf der ersten, selbsterworbenen LP, „Live“ von 1977. Die sind schließlich schuld an allem, weil sie im TV mit ihren langen Haaren so cool aussahen.

20 Jahre »Rock Hard«-Festival in Gelsenkirchen. Viele Festivals haben nicht so lange durchgehalten. Was macht das »Rock Hard«-Festival so besonders?
Unser Publikum. Wir gönnen uns – analog zum Magazin – den Luxus einer stilistischen Bandbreite von bluesigem Hardrock bis zum allerheftigsten Metal und versuchen, die besten noch bezahlbaren Bands in jeder Kategorie aufzutreiben. Das zieht besondere Fans an, teilweise Sammler, die von weither kommen. Aber auch jüngere Kids, die tolle Musiker aus unmittelbarer Nähe begutachten wollen.

Auf welche Band oder Bands freust du dich auf dem diesjährigen Festival besonders?
Auf Michael Schenker und die »Triptykon plays Celtic Frost«-Show. Dann werde ich schauen, ob mir Brian Downey vielleicht noch ein Autogramm auf meine allererste 7-Inch schreibt, Thin Lizzy‘s „Rosalie“-Single von 1978. Genau dieses Programm spielt er ja.

Auch hier interessiert natürlich deine Antwort auf die Frage, welche der vielen Auftritte von Bands aus den zurückliegenden Jahren dich besonders begeistert haben.
2009 sind Opeth direkt nach einer Amerika-Tour mit großen Sonnenbrillen aus dem Flugzeug gestolpert und haben aufgrund der fehlenden Nacht nach Red Bull gefragt. Danach spielten sie ihr letztes „richtiges“ Metal-Set wie Duracell-Hasen, angeblich viel zu schnell. Aber mir hat‘s gefallen, zumal fehlerfrei. Unvergessen: Ronnie James Dio, der auftrat, obwohl ihn zwei Stunden zuvor die Nachricht vom Tod seiner Mutter erreicht hatte.

Kannst du dich heute wie damals, als du das Magazin gegründet hast, für die harte Rockmusik begeistern?
Na sicher. Per Internet und Streaming kann man immer wieder in neue Nischen vordringen, wenn man weiß, wo man suchen muss. Es gibt ganz viele tolle Platten, die kein Schwein kennt. Unsere Aufgabe ist es, diese Musik sichtbar zu machen. Mit unserer neuen Website/App haben wir dafür das perfekte Vehikel geschaffen, weil man die Songs gleich an Ort und Stelle anhören kann.

Welche Musik dreht sich aktuell auf deinem Plattenteller? Hast du einen Musik-Tipp für unsere Leserinnen und Leser aus berufenem Munde?
Die neue Iggy Pop für Punk Girls, Enslaveds »Heimdal« für Schwarzmaler, Elder‘s »Innate Passage« für Proggies und »Villagers of Ioannina City-Live« für Stoner- Krautrocker mit Folk-Vorlieben.

Wenn sich bei dir nicht alles um die nächste Ausgabe des Magazins oder das nächste Festival dreht, wobei kannst du so richtig entspannen?
Auf meinem Dauerkartenplatz im Westfalenstadion. Ich kenne zum Glück keinen vom BVB und bin einfach nur Fan.

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