bochum macht spaß
Foto: Wunderbar Marketing

THOMAS ANZENHOFER | „KEIN BRIMBORIUM – AUTHENTISCH SEIN“

Text: David Wienand

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Er tut es wieder – und die Freude darauf ist groß. An drei Abenden in Folge, am 3., 4. und 5. März 2023, verneigt sich der Schauspieler und Sänger Thomas Anzenhofer erneut vor dem großen amerikanischen Songschreiber, Sänger und ebenfalls Schauspieler Johnny Cash und seinem musikalischen Werk. Das immens erfolgreiche Konzert-Stück »A Tribute to Johnny Cash« führt der sich längst in Bochum heimisch fühlende gebürtige Baden-Württemberger in diesem Frühjahr auf der Bühne des Anneliese Brost Musikforums auf – ein würdiger Rahmen für das Ereignis, dem viele Bochumerinnen und Bochumer, Johnny Cash- genauso wie Anzenhofer-Fans, bereits in freudiger Erwartung entgegenfiebern. Der Kartenvorverkauf spricht da Bände. Vorab sprach Bochum macht Spaß mit Thomas Anzenhofer über die bevorstehenden Auftritte und seine weiteren Pläne.

Anfang März zollst du wieder einmal dem amerikanischen Musiker und Sänger Johnny Cash Tribut, und zwar an drei aufeinanderfolgenden Abenden im Musikforum in Bochum. Für diejenigen Leserinnen und Lesern, die es immer noch nicht wissen: Wie ist es zu diesen Hommage-Konzerten überhaupt gekommen?
Ich habe in der Garderobe im Schauspielhaus einem Kollegen die Gitarre gestimmt und sie ein bisschen eingespielt, in dem Moment kam der Chefdramaturg Holger Weimar vorbei und sagte: „Wie, Du spielst Gitarre? Lass uns einen Johnny-Cash-Abend machen!“ Meine Reaktion war: LOL! Ein paar Tage später Weimar am Telefon: „Premiere dann und dann, ihr probt in der Zeche, viel Glück!“ Ich hab daraufhin zusammen mit dem Regisseur Arne Nobel an einer Fassung gestrickt, dann kamen die Musiker, und das war der absolute Glücksfall. Nach einer der ersten Proben war mir schlecht vor Glück. Eines Tages kam Weimar vorbei mit den Worten: “Ihr spielt schon? Ich dachte, das kommt vom Band!“ Da hatten wir die leise Ahnung, dass es nicht ganz so schlecht werden könnte …

Was fasziniert dich persönlich besonders an der Musik und auch an der Person des Johnny Cash?
Die Person Cash war nicht nur ein Gigant im Erfolg, sondern auch im Scheitern. Seine Drogensucht, die Suche nach Sinn und Wahrhaftigkeit, der Schmerz über den verlorenen Bruder, Größenwahn und Schuldgefühle, das Eintreten für die Schwachen, Verlorenen. Dies alles und noch viel mehr machen ihn zu einem höchst zerrissenen, ja tragischen Charakter. Und so hat man – vor Allem natürlich bei den späten Songs, insbesondere den »American Recordings« – das Gefühl, dass jede Zeile, die er singt, erlebt, durchlitten und wahrhaftig ist. Ganz nebenbei hatte er aber auch einen grandiosen Sinn für Humor!

Woran, glaubst du, liegt es, dass bis heute so viele Musiker Johnny-Cash-Songs covern und Unmengen an Menschen die Musik Johnny Cashs immer noch zu schätzen wissen?
Nun ja, ein Grund liegt sicher im oben Beschriebenen. Eine Sehnsucht nach Einfachheit und Ehrlichkeit. Auch bei unseren Konzerten erleben wir, dass die Fans aus allen Gesellschafts- und Altersschichten kommen.

Wie versuchst du es hinzubekommen, dass der Musiker Thomas Anzenhofer bei seinen Interpretationen der Johnny-Cash-Songs nicht vollständig hinter dem Künstler Johnny Cash verschwindet?
Zunächst bin ich vorsichtig, mich als Musiker zu bezeichnen, dafür habe ich einfach zu viele brillante Musiker um mich herum, denen ich nicht in Ansätzen das Wasser reichen kann. Vielleicht kann ich es andersherum sagen: Der Künstler Johnny Cash hat dem Schauspieler Anzenhofer geholfen, mit einer Gitarre auf die Bühne zu gehen und auf die Inhalte der Songs zu vertrauen. Kein Brimborium, authentisch sein.

Die Dropkick Murphys spielen Songs von Woody Guthrie, Taylor Swift widmet sich der »Folklore«. Kann es sein, dass wir gerade eine Renaissance der Folk- und Countrymusik erleben?
In schwierigen Zeiten sehnen sich die Menschen wahrscheinlich eher wieder nach Inhalten, vielleicht auch Botschaften, die sie so in der überhitzten Popkultur nicht mehr unbedingt finden.

Im Anneliese Brost Musikforum ist hauptsächlich die klassische Musik zu Hause. Was ist für dich das Besondere, an einem solchen Ort auftreten zu dürfen?
Wir haben das Ganze ja als „dreckigen kleinen Abend“ geplant und waren gar nicht so sicher, ob das auch in der Atmosphäre der „Hochkultur“ funktioniert. Diese Befürchtung war allerdings grundlos. Und Cash hätte sicher auch gesagt: „E- oder U-Musik? What the f*** – es gibt nur gute und schlechte Musik.“ (lacht) Wir sind aber auch dem Musikforum sehr dankbar, dass es so mutig ist und diesen Schritt ins Freie mit uns wagt.

Selbstverständlich bist du auch weiterhin als Schauspieler tätig. Du hast im Berliner Ensemble gespielt und am Bochumer Schauspielhaus mit Heiner Müller und Frank-Patrick Steckel gearbeitet. Hast aber auch in »Alarm für Cobra 11« oder »Soko Köln« mitgewirkt. Du singst und liest. Ist es gerade diese Vielfalt an unterschiedlichen Tätigkeiten und Erfahrungen, die dich als Künstler reizt?
Definitiv. Mittlerweile ist noch die Schriftstellerei dazugekommen, und während Corona habe ich mir ein Tonstudio für Sprachaufnahmen im Keller gebaut. Auch wenn ich mich manchmal zu verzetteln drohe – den Geheimnissen dieser verschiedenen Kunstformen näherzukommen, fasziniert mich eben sehr.

Wann wird man dich in der näheren Zukunft wieder auf einer Schauspielbühne, im TV oder Film oder bei einer Lesung hören und sehen dürfen?
Direkt nach der Show am 5.3. im Musikforum fahre ich nach Hamburg um eine Folge „Soko Hamburg“ zu drehen. Noch in Planung sind weitere Abende mit der „Weinlese“, und ich arbeite an einer zweiten Folge des Krimis um »Kommissar Kruske«, die dann wieder als Lesung mit Live-Musik und Live-Video aufgeführt werden soll.