DIE KUGEL ROLLT IM COTTON CLUB
Foto: Jan Konitz

Interview: David Wienand

Foto: Jan Konitz

Im Herzen des Bochumer Bermuda3Ecks ist der Cotton Club für Billard-Fans aus dem Ruhrpott eine nicht mehr wegzudenkende Konstante. Die wunderbare Atmosphäre auf zwei Etagen im Handelshof ist einmalig. Zentraler geht es kaum, denn wer durch die großen Fenster schaut, blickt direkt auf den großen Biergarten des Mandragora. Wir wollten etwas mehr über den Traditionsbetrieb erfahren und trafen uns mit Betreiber Stephan Oesterwalbesloh zum Gespräch.

Vorweg: Wie seid ihr durch diese brutal schwierige Corona- Zeit gekommen?
Dank der Unterstützung unseres Verpächters und sehr kooperative Mitarbeiter haben wir diese schweren Zeiten relativ gut gemeistert, was allerdings nicht heißt, dass sie uns wirtschaftlich nicht noch auf Jahre beschäftigen werden.

Der Cotton Club ist eine feste Institution im Bermuda3Eck. Seit wann gibt es ihn, und wie kam es zu der Idee eines Billard-Clubs in der City?
Den Cotton Club gibt es seit Herbst 1994. Im Jahr 1992 wurden alle Spielcasinos in Bochum geschlossen. Dazu zählte auch das repräsentative Casino mit Roulette-Tischen im heutigen Cotton Club, welches erst im Jahr 1991 eröffnet hatte. Da hier viel Geld in die Infrastruktur gesteckt worden war, stellten sich die Fragen: Wie können wir das Vorhandene nutzen und welche Art der Gastronomie fehlt im Bermuda3eck? Ziemlich schnell sind wir dann aufgrund der Größe auf Billard gekommen und haben die Struktur im Großen und Ganzen belassen und nur auf die 30er-/40er- Jahre mit Schwerpunkt Jazz abgestimmt. Zum Beispiel wurden vorhandene Deckenplatten entsprechend grün gestrichen, Holzvertäfelungen angefertigt und die glänzenden Messinggeländer mit Salzsäure bearbeitet. Ein langer Anlauf war aufgrund der Lage im 1. Stock einkalkuliert worden, aber ab Herbst 1995 trugen die Mundpropaganda und die schön gestalteten Räume dann Früchte.

Eine lange Zeit! Ihr habt Generationen für das Billardspielen begeistert. Ist dir mal zu Ohren gekommen, dass es einer der Jungs und Mädels, die oben bei dir gespielt haben, es richtig weit in dem Sport brachten?
Nein, das ist mir nicht bekannt. Es stehen aber auch in erster Linie die Gastronomie und Atmosphäre im Vordergrund, der Sport ist für den Freizeitbereich gedacht und wird auch so angenommen.

Ihr habt mittlerweile 21 Poolbillardtische und einen Snookertisch. Die Tischgröße entspricht den Anforderungen für Bundesliga und internationale Turniere. Werden bei euch auch offizielle Turniere oder Meisterschaften gespielt?
Nein, ebenso wie bei der vorangegangenen Frage ist dieses Billard-Café sofort als reine Freizeitbeschäftigung angenommen worden. Es gab vereinzelt in den Anfängen Snookerspieler, die abseits des vereinsinternen Trainings unsere guten Tische für weitergehendes Training genutzt haben, aber richtig offizielle Turniere gab es nie. Auch von uns veranstaltete Billardturniere in den Anfängen gestalteten sich aufgrund der doch sehr unterschiedlich ausgeprägten Spielniveaus als sehr schwierig, sodass dieses Format wieder eingestellt wurde.

Billard ist wahnsinnig beliebt. Hast du dich eigentlich mal gefragt, was die Attraktivität dieses Sports eigentlich ausmacht?
Ich glaube Billard hat gerade in der Gastronomie eine langjährige Tradition. In früheren Zeiten stand in jeder Gastronomie, die den Platz dafür hatte, ein Billardtisch mit Münzeinwurf, sodass viele Leute damit in Kontakt kamen. Zudem wurden in vielen Filmen immer wieder Etablissements mit billardspielenden Leuten gezeigt – und das über alle Genres hinweg –, sodass jeder Gemütlichkeit und Freizeitspaß damit verband. Hinzu kommt, dass es nicht viel braucht, um kleine Erfolgserlebnisse zu haben, selbst wenn man nicht immer alle Kugeln gezielt versenken kann. Das Fernsehen hat mit Übertragungen von Billardturnieren sicher hier auch einen Teil dazu beigetragen, den Sport interessanter zu machen. Jeder möchte einmal ausprobieren, ob man auch als Laie hier Erfolgserlebnisse haben kann. Weiterhin ist es zwar ein Einzelsport, wird aber im Freizeitbereich fast ausschließlich in Gruppen gespielt, wo dann auch viel Raum für Kommunikation bleibt.

Interessant ist, dass Billard ja von Acht bis Achtzig gespielt wird.
Der Vorteil ist, dass es keiner besonderen sportlichen Fitness bedarf, um diesen Sport auszuüben. Tatsächlich ist die von Dir angesprochene Altersspanne auch bei uns im Laden vorhanden, wobei sich die Zeiten natürlich da unterscheiden. So öffnen wir auch gerade für Familien mit Kindern samstags und sonntags bereits um 14.00 Uhr, sodass abseits des sonstigen Trubels hier alle in ruhiger Atmosphäre die ersten Schritte machen können. Es gibt aber nicht nur Billard. Ihr setzt auf Vielfältigkeit.

Dart und TV-Sport werden auch angeboten, richtig?
Ja, Dart und auch die Liveübertragungen von Sportevents waren von Anfang an Teil des Konzepts. Bereits zu Beginn wurde Wert daraufgelegt, Fernseher quasi als Hintergrundzerstreuung einzusetzen, wie es in Sportsbars überall auf der Welt üblich ist. Dass hier nur Sport gezeigt wird, versteht sich von selbst. Die meiste Zeit laufen die Übertragungen ohne Ton und sind quasi Bestandteil der Einrichtung. Zu den Live-Events, sei es Bundesliga, Champions League usw. wird an der Theke der Ton angestellt, um interessierten Gästen die Möglichkeit zu geben, den Kommentatoren zu folgen. In den restlichen Bereichen bleibt es hier aber bei der Darstellung ohne Ton. Gerade samstags ist hier oft zu sehen, dass Pärchen zum Billardspielen kommen und man beobachten kann, dass der Mann dieser Uhrzeit wohl nur zugestimmt hat, weil er weiß, dass er immer einen Blick auf die Bundesliga haben kann, da die Bildschirme vom Tisch aus gut einzusehen sind. So sind hier alle Interessen bedient. Dart ist seit jeher mit der Gastronomie verbunden und bildet auch für Gruppen eine interessante Abwechslung vom reinen Thekenbesuch. In letzter Zeit ist es durch das Fernsehen noch attraktiver geworden, da die gewaltigen Bilder zum Beispiel aus dem berühmt-berüchtigten „Ally Pally“ in London – die heilige Stätte des Dartsports und ein echter Hexenkessel von Sportveranstaltung – um die Welt gehen. Jeder möchte doch im Kleinen auch mal das Gefühl haben, ein Teil der weltweiten Dartfamilie zu sein.

Was ist in den nächsten Monaten geplant? Gibt es auch Special-Events?
In diesem Monat sind wir erst mal froh, dass es wieder angelaufen ist und wir unseren Geschäften erneut nachgehen können. Bevor die doch sehr aufwendigen Kontrollen bzgl. des Impfstatus und der Reduzierung der Gästezahl auf ein vertretbares Maß nicht aufgehoben worden sind, haben wir keine Veranstaltungen geplant. Angesichts der dünnen Personaldecke wären die im Augenblick auch gar nicht durchführbar. Wenn wieder so etwas wie komplette Normalität eingekehrt ist, werden wir euch gerne über unsere Aktivitäten informieren