ZU GAST BEI DER STIFTUNG „AUSZEIT“
Foto: Jochen Grothkop

Text:

Maik Schöneborn

Fotos:

Jochen Grothkop

Foto: Foto: Jochen Grothkop

Kein Kind ist wie das andere und auch jedes behinderte Kind hat aufgrund seiner Krankheit einen individuellen Hilfebedarf. Dementsprechend fallen teils extreme Belastungen für die Familien an. Den höchsten Betreuungsaufwand haben dabei die Eltern von mehrfach geistig und körperlich behinderten Kindern. Die Stiftung „Auszeit“ möchte Kurzzeitwohnen für Kinder und Jugendliche mit Behinderung ermöglichen. Hierbei soll nicht die Krankheit, sondern die Familieim Fokus stehen. Wir sprachen mit dem Gründer und 1. Vorsitzenden der Stiftung Jochen Grothkop über das äußerst lobenswerte, aber auch sehr zeitintensive Projekt.

Herr Grothkop, die Stiftung „Auszeit“ hat es sich zum Ziel gesetzt, Kindern und Jugendlichen mit Behinderung ein Kurzzeitwohnen zu ermöglichen. Wie muss man sich das Ganze vorstellen?
Wir möchten ein Haus mit 16 Plätzen an der Kinderklinik in Bochum errichten. Wir wollen keine Kinder ausschließen. Es geht dabei um eine optimale Pflege
und Betreuung der Kinder. So eine Einrichtung gibt es in Deutschland bisher noch nicht.

Sie sind Initiator und Gründungsmitglied der Stiftung und zugleich 1. Vorsitzender. Wie kam es zu der Gründung und was gab bei Ihnen den Ausschlag, diese Stiftung ins Leben zu rufen?
Als betroffener Großvater eines mehrfach Schwerstbehinderten (siehe Flyer und Film auf der Webseite) kamen wir an einen Punkt, wo wir als Großeltern
überfordert waren. Die Frage „Was nun?“ hat mich angetrieben. 15 Jahre ehrenamtliche Aufbauarbeit bei den Menschen(s)kindern, einer Elterninitiative für behinderte Kinder und Jugendliche hat uns täglich vor Augen geführt, was notwendig war und ist, um zu helfen und zu entlasten. Eine Auszeit für Eltern und Familie, die teils 24 Stunden ihre behinderten Kinder betreuen müssen. Zum VfL gehen kann nur einer, gemeinsam ins Kino geht auch nicht, an gemeinsame Ferien ist nicht zu denken und auch nachts muss immer ein Elternteil bereit sein. Die Familie ist durch eine solche Situation ebenfalls behindert und genau da wollen wir für eine Entlastung sorgen.

Bekannte Bochumer wie DJ und Produzent Andre Tanneberger oder Ralf Blennemann, die Lueg AG mit den Gesellschaftern Frank Korten, Dr. Ulrike Hoffmann, Thomas Marquardt, die Bochumer Originale Carl Ellis, Ralf Schäfer, Dirk Schulz und viele Unterstützer gehören bereits zur Stiftung. Wie schwer war es am Anfang, Menschen für dieses Projekt zu begeistern und wie lange dauerte es, bis die Stiftung auf einem sicheren Fundament stand?
Ich habe 2014 damit begonnen in Bochum Klinken zu putzen, dabei waren alle Angesprochenen sofort überzeugt von dem Projekt. Das braucht Bochum! Meine ersten Unterstützer waren Prof. Thomas Lücke von der Kinderklinik, Kathrin Marquardt und Otfried Priegnitz. Die jetzige Mannschaft hat sich dann bis 2016 nach und nach ergeben. Viele Fragen waren zu stellen und zu beantworten. Hinter uns haben wir Stadt Bochum Oberbürgermeister Thomas Eiskirch, Katholisches Klinikum, die möglichen Träger LWL, VdeK, usw. Es gab nur positive Resonanz, bis dann die Frage diskutiert wurde: „Wer und wieviel wird für die Tätigkeit bezahlt und ist das Ganze wirtschaftlich?“ Die Berechnungen und die Machbarkeitsstudie waren und sind positiv. Die Bedarfsanalyse bestärkt die Notwendigkeit eines solchen Hauses. Ein Petitionsantrag beim Land NRW, der verhandelt wurde, soll jetzt die Vergütung klären. Die Politik ist voll eingebunden und wir hoffen nur das Beste!

Die psychische und physische Belastung der betroffenen Familien ist bekanntlich sehr groß. Sie sprechen auf der Webseite von einer liebevollen Betreuung. Es ist nachvollziehbar, dass Eltern oder Verwandte auch mal eine Auszeit benötigen. Mit wem arbeiten Sie zusammen, wonach wählen Sie aus und bewerten wer Hilfe benötigt?
Wir vom Vorstand können die Einrichtung nicht führen. Wir gründen zur Zeit eine Betreibergesellschaft als GmbH mit dem Franz Sales Haus in Essen. Wir, also die Auszeit, werden gleichberechtigter Anteilseigner. Die Pflegegruppen und damit die Grundlage für eine Aufnahme sind somit festgelegt.

Wenden sich Betroffene direkt an Sie?
Das Interesse der betroffenen Familien ist schon jetzt groß. Durch die Menschen(s)kinder haben wir eine große Adressenkartei aufgebaut.

In Notfällen können Sie auch auf die ärztliche Hilfe und Infrastruktur der Universitätskinderklinik zurückgreifen. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit und wie muss man sich diese Zusammenarbeit vorstellen?
Die eigene Erfahrung hat die Notwendigkeit einer medizinischen Unterstützung aufgezeigt und durch viele Gespräche haben wir die notwendigen Hebel in
Bewegung gesetzt. Eine Zusammenarbeit wird eng geführt werden.

Ein tolles Projekt mit dem Sie viel Gutes tun. So Etwas lebt natürlich von Spenden und engagierten Menschen. Wie kann man sich bei Interesse einbringen und an wen darf ich mich wenden, wenn ich helfen will?
Bei mir oder beim Vorstand können sich interessierte Menschen melden. Wir freuen uns sehr über Benefizveranstaltungen und eine entsprechende Unterstützung. Die Arbeit kommt ja jetzt erst. Danke sage ich als Initiator aber jetzt schon den Vielen, die uns unterstützen und Türen öffnen.