bochum macht spaß
Foto: Bochum Total

Bochum Total und noch viel mehr

Im Gespräch mit Marcus Gloria

Interview:

Oliver Bartkowski

Fotos:

Bochum Total

Foto: Michael Grosler

Hallo Herr Gloria, über 30 Jahre Bochum Total. Meine Hochachtung für diese Leistung. Was für ein Gefühl ist das eigentlich, wenn Sie daran denken, wie damals alles begann?

Ein bisschen Wehmut, eine Menge Stolz und echte Verwunderung darüber, wie sich alles entwickelt hat und was aus unserer „kleinen“ Veranstaltung geworden ist.

Egal wie oft über Bo-Total in der Presse berichtet wurde, die meisten Menschen kennen den Hintergrund der Veranstaltung nicht. Ist es tatsächlich so, dass Sie damals mit Freunden und Ihrer eigenen Band live auftreten wollten und so die Idee zu einem eigenen Festival entstand, damit in erster Linie Ihre Band spielen konnte oder ist das nur eine Legende?

Nein, das ist die reine Wahrheit. Tatsächlich gab es damals fast nirgendwo eine Gelegenheit für junge Nachwuchsbands aus dem Rock- und Pop- Bereich aufzutreten. Es gab zwar ein Jugendzentrum in Hattingen und natürlich die Zeche in Bochum, aber ansonsten und gerade bei Stadtfesten gab es nichts dergleichen. In Bochum gab es auch überhaupt kein Stadtfest außer den Maischützen und da passte natürlich überhaupt nichts rein, was mit Rock und
Pop zu tun hatte. Genau deshalb und weil wir zwei oder sogar mehrere Bands hatten, mit denen wir dringend Auftritte suchten, haben wir uns entschlossen, einfach selber ein Festival zu veranstalten. Das war natürlich ein bisschen blauäugig und wir waren ziemlich unerfahren und hatten auch keine Ahnung, was dabei alles schiefgehen könnte. Gottseidank ist auch nie etwas schief gegangen, bis wir wussten, wie wir damit umgehen würden.

Das Fest wuchs ja in den Anfangsjahren sofort rasant. Wie schwer gestaltete sich die Finanzierung in den ersten Jahren?

Auch in dieser Hinsicht waren wir sehr blauäugig. Wir hatten den Wunsch, die Veranstaltung von Anfang an ohne Subventionen hinzubekommen weil wir dachten, dass uns dann beim Programm und den Inhalten von irgendjemandem reingeredet wird. Das ist eine von den Entscheidungen, die ich heute bereue, weil wir deswegen immer sehr viel Zeit in der Vorbereitung auf die Finanzierung legen mussten, anstatt uns um die Inhalte und das Erscheinungsbild kümmern zu können.

Bo-Total ist längst etabliert. Sind Sie mit der Zusammenarbeit der Stadt rundum zufrieden oder gibt es Dinge, die man noch verbessern könnte?

Nein, die Zusammenarbeit mit der Verwaltung läuft seit einigen Jahren optimal. Es ist so, dass natürlich auch die beteiligten Mitarbeiter bei Feuerwehr und Polizei, im Kulturbüro und der Verwaltung mit uns gemeinsam Erfahrungen gemacht haben, wie man mit Großveranstaltungen in der Innenstadt umgeht. Das Verhältnis heute ist kollegial und freundlich und immer zielführend.

Bo-Total war mal in der Anfangszeit ein Fest, auf welchem sich fast nur die Bochumerinnen und Bochumer getroffen haben, sagte mal ein Freund zu mir. Jetzt ist es total kommerzialisiert und der einstige Gedanke eines großen Familientreffens ist längst dahin. Wie begegnen Sie solche Aussagen oder können Sie diese sogar ein wenig nachvollziehen?

Das ist schade, dass das vereinzelt so gesehen wird. Tatsächlich hatten wir nie den Ansatz eines großen Familientreffens, sondern wollten immer schon ein echtes Rock-Pop-Festival machen. Natürlich war Bochum Total kleiner und überschaubarer, aber mit dem Wachstum kamen eben halt auch die Anforderungen. Der Begriff kommerzialisiert klingt hier negativ, aber man muss sich vor Augen halten, dass Bochum Total eine Veranstaltung ist, die eben gerade keine sinnlosen Subvention verprasst.

Kommen wir zurück in die Gegenwart. Wie zufrieden waren Sie mit der letzten Veranstaltung? Es wird kein Glas mehr ausgegeben, kam das gut an bei den Fans?

Die letzte Veranstaltung war nahezu ideal in jeder Hinsicht. Das Glasverbot haben wir schon seit mehreren Jahren und es ist auch bei den Besuchern bekannt. Dazu hören wir nur die besten Rückmeldungen, weil es einfach viel sicherer ist und sich wesentlich weniger Leute verletzen.

Sie geben vielen Newcomern eine Chance. Heute große Bands wie Silbermond oder Frida Gold, um nur zwei von vielen zu nennen, traten in ihren ersten Jahren bei Bo-Total auf. Man muss sogar die Kassierer dazu zählen, die heute wohl erfolgreichste deutsche Traditional-Punk-Band. Macht Sie das stolz und vor allem, suchen Sie Bands auch heute noch selber aus oder übernimmt das komplett Ihr Team?

Das ist mal so und mal so. In der Regel hat mein ehemaliger Partner Heri Reipöler immer noch ein fantastisches Händchen für den richtigen Künstler bei Bochum Total und ich bin gut beraten, dabei still zu halten, aber oft bringe ich mich auch selber noch ins Programm ein.

Kaum ist Bo-Total vorbei, startet kurz danach auch schon ein weiteres, sehr erfolgreiches Projekt von Ihnen, welches gerade erst zu Ende gegangen ist: Das Fiege Open-Air-Kino auf dem Brauhof von Moritz Fiege. Die Veranstaltung hat eine fast einmalige Atmosphäre. War das damals Ihre Idee oder kam man auf Sie zu?

Nein, wir hatten im Zusammenhang mit den IBA Abschlussveranstaltungen 1999 an der Jahrhunderthalle ein Open-Air-Kino mit einem Kölner Partner gemacht und waren uns sicher, dass das in Bochum auch funktionieren würde. Wir sollten Recht behalten, denn seit 1999 machen wir das ununterbrochen und immer wieder ist es ein voller Erfolg auf dem Brauhof der Brauerei Moritz Fiege.

Mehrere Wochen mit einem attraktiven und ausgewogenen Filmprogramm zu füllen ist nicht einfach. Das Programm muss natürlich auch das aktuelle Kommerzkino abdecken, anders würde sich das wohl kaum rechnen, trotzdem wünscht sich der ein oder andere auch mal Klassiker wie Taxi Driver, French Connection, 2001, Der Marathon-Man, Dirty Harry oder Bullit. Wäre die ein oder andere Klassik-Night im kommenden Jahr vorstellbar?

Da sind wir immer offen und tatsächlich haben wir viele von den echten Klassikern schon bei uns gezeigt: Casablanca, Vom Winde verweht, Das fünfte Element, Pulp Fiction, Nosferatu, etc. Da muss man natürlich auch ein bisschen sehen, ob sich die Leute tatsächlich noch dafür interessieren, weil diese alten Filme ja ständig im Fernsehen rauf und runter genudelt werden, aber ich als Cineast wünsche mir das auch ein ums andere Mal.
Sie haben viele spannende Projekte verwirklicht. Gibt es noch eines, welches in der Schublade liegt und unbedingt noch das Licht der Welt erblicken soll?
Oh ja, da habe ich noch so ein paar spezielle Ideen, über die ich aber nicht reden beziehungsweise schreiben will, solange wir damit nicht in trockenen Tüchern sind.

Herr Gloria, vielen Dank für das Interview.
Sehr gerne.