KYRA MALINOWSKI | ES DARF NOCH EIN BISSCHEN MEHR SEIN!
VIEL MEHR ALS NUR FRISEUR | EDGAR STORCHMANN
Edgars Friseurteam im schönen Bochumer Stadtteil Wiemelhausen ist absoluter Kult und Edgar selbst, eine beliebte Persönlichkeit unsrer Stadt. Immer wieder setzt sein Salon Trends in Sachen Frisuren und jetzt hat Edgar Storchmann sogar ein Projekt in Afrika unterstützt, um dort Arbeitsplätze zu schaffen und Menschen im Friseurhandwerk auszubilden. Aber auch eine Erste-Hilfe-Station ist in naher Zukunft geplant. Wir sprachen mit Edgar Storchmann über dieses Thema und noch viel mehr.
Herr Storchmann, Sie führen seit über 30 Jahren im Kirchviertel in Wiemelhausen Ihren Friseursalon, und für viele sind Sie dort schon eine Kultfigur. Abgesehen von den Frisuren, was hat sich in dieser Zeit für Sie und Ihre Arbeit grundlegend verändert?
Grundlegend hat sich eigentlich nicht viel verändert. Außer, dass Corona uns ausgebremst hat bzgl. der Fortbildungen face to face. Vieles ging da nur über Internet und Videocalls.
Früher war immer wieder mal ein Schild in Ihrem Fenster zu sehen und darin hieß es: „Wir haben bis XXX geschlossen um für Sie die neuesten Trends aus Mailand, Rom, Paris etc.“ mitzubringen. Wie wichtig ist es heute, im Trend zu sein?
Natürlich ist dies immer noch wichtig. Nur nach Corona muss das alles erst wieder langsam anlaufen. In der Zeit haben wir unsere Produktlinie etwas umgestellt und legen unser Augenmerk auf neueste Farben und Pflegeprodukte, auf Nachhaltigkeit und ökologische Vertretbarkeit (vegan, ammoniakfrei, recycelte Verpackungen, Einmalhandtücher mit ökologischem Fußabdruck …).
Gibt es nicht unfassbar viele Kunden, die seit Jahrzehnten die gleiche Frisur tragen? Oder besser gefragt, sind die Leute offen für neue Trends?
Da muss ich jetzt aber widersprechen. Wir arbeiten ja in einem sehr kreativen Beruf, und ich denke, dass sich die Frisuren in all der Zeit merklich verändert haben. Selbstverständlich gibt es aber auch den einen oder anderen Kunden, der seinen Typ beibehalten möchte.
Sie bilden ja schon lange aus, saßen auch in der Innung und haben Prüfungen abgenommen. Wie ist es denn um den Nachwuchs bestellt? Gibt es noch immer viele junge Menschen, die sich für das Handwerk des Friseurs oder der Friseurin begeistern? Oder ist es so wie in fast allen Berufen heutzutage, dass es einfach sehr schwer ist, neue Auszubildende zu finden?
Wie in allen handwerklichen Berufen mangelt es auch in unserer Branche an Nachwuchskräften. Hier hat sich vieles gewandelt. Man guckt auf das Geld und auf die Freizeit (Work-Life-Balance). Aber manchmal hat man auch Glück und findet die Nadel im Heuhaufen: jemand Ambitioniertes, der diesen Beruf bewusst ergreifen möchte.
Jetzt müssen wir unbedingt einmal über ihr Afrika- Projekt sprechen. Wie kam es denn dazu, im Senegal eine Friseurschule aufzubauen?
Ich wurde von einem sehr guten Freund aus Schulzeiten angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, dort etwas aufzubauen, da er u. a. im Senegal in der Entwicklungshilfe tätig ist. Aus einem Projekt wurden mittlerweile drei und das nächste Projekt (eine Erste-Hilfe-Station) ist in Planung.
Was konnten Sie selbst dazu beitragen, und wie muss man sich ihren Tagesablauf dort vorstellen?
Zuallererst haben wir die Spenden (Produkt und Material) per Luftpost dorthin versandt. Mittlerweile haben wir einen Containerdienst in Düsseldorf, der uns kostengünstiger und einfacher bei dem Transport unterstützt. Dann haben wir im letzten Sommer unseren Salon in der Brenscheder Straße 35 aufgeben müssen. Die komplette Ladeneinrichtung ging als Spende in den Senegal für das letzte Projekt.
Wie gut lief die Zusammenarbeit? Gab es Barrieren zu überwinden oder würden Sie sagen, das Eis war für die deutsche Handwerkskunst schnell gebrochen?
Man spricht dort u. a. französisch. Da ich seit dem ersten Projekt von einem Dolmetscher begleitet werde, gab es keine sprachlichen Barrieren. Für die werdenden Friseurinnen war es ein Highlight, mit deutschen Produkten zu arbeiten, da es dort kaum etwas Vergleichbares gibt. Das Eis war ziemlich schnell gebrochen. Alle auszubildenden Friseurinnen waren mit starkem Engagement dabei und auch sehr wissbegierig.
Was ist das Ziel dieser Zusammenarbeit? Sollen schnell weitere Arbeitsplätze geschaffen werde? Vor allem: Wer unterstützt vor Ort, wenn Sie selbst nicht dort sind?
Ziel dieser Zusammenarbeit ist natürlich, dort neue Arbeitsplätze zu schaffenF und die Frauen vor Ort unabhängiger zu machen. Die Arbeitsplätze werden nah am Wohnort geschaffen, damit es keine sogenannte Landflucht gibt. Denn wie wir alle wissen, versuchen viele Afrikaner zu flüchten und setzen sich der Gefahr aus, mit überfüllten Flüchtlingsbooten an das europäische Festland zu gelangen, obwohl fast alle Nichtschwimmer sind. Wer finanziert das ganze Projekt? Gibt es da eine staatliche Förderung? Die Förderung setzt sich aus privaten und Firmenspenden (KAO Germany, Check Up …) zusammen.
Spaßfrage. Die Tage sagte jemand zu mir: „Ich bin der Ansicht, die Italiener können am besten Haareschneiden. Die sind innovativ und machen aus wenig Haaren wieder eine komplette Frisur.“ Würden Sie das so unterschreiben?
Schauen Sie sich doch mal dann bitte meine Frisur an. Ich war bei einem Italiener (lacht herzlich).
Herr Storchmann, super Interview. Vielen Dank und weiterhin alles Gute.