bochum macht spaß
MONA SCHULZEK | VONOVIA FOTO AWARD-GEWINNERIN
Zum zweiten Mal wurde der Vonovia Award für Fotografie im Kunstmuseum Bochum verliehen. Dieses Mal stand die Ausstellung unter dem Motto „ZUHAUSE“. An anderer Stelle im Heft können Sie einen Nachbericht der Preisverleihung lesen. Nun folgt aber erst einmal das Interview mit der jungen Gewinnerin Mona Schulzek (geboren in Moers), welche bereits 2014 den 4. Platz beim deutschen Jugendfotopreis belegte und außerdem 2017 für den Kölner Designpreis nominiert wurde. Mit dem Gewinn des Vonovia Foto Awards krönt sie aktuell ihre junge Karriere.
Frau Schulzek, erst einmal herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des VONOVIA AWARD FÜR FOTOGRAFIE 2019 in Bochum. Ohne Frage, eine ganz tolle Leistung. Hat es Ihnen bei uns in Bochum am besagten Abend im Kunstmuseum gefallen und was nehmen Sie an Eindrücken mit?
Dankeschön! Es ist eine große Ehre für mich im Kunstmuseum ausstellen zu dürfen. Die Räumlichkeiten des Museums sind einmalig und stellen eine wunderbare Bühne für meine Arbeiten dar. Besonders spannend finde ich auch die Hängung der vielen verschiedenen Arbeiten, die beim Wettbewerb prämiert wurden. Ich denke, es ist keine leichte Aufgabe über 30 Einzelserien zu komprimieren und in eine stimmige Reihenfolge zu bringen. Chapeau an die Kuratoren!
Als Sie die Nachricht erhielten, dass Sie den ersten Preis gewinnen würden, was ging Ihnen in dem Moment durch den Kopf?
Dass ich den ersten Preis gewinne, habe ich tatsächlich erst bei der Preisverleihung erfahren. Ich weiß nicht mehr, was mir genau durch den Kopf ging. Die Emotionen waren groß und vermutlich habe ich gar nicht viel gedacht, außer den Moment zu genießen.
Ihre Fotoserie »Ottomane« zeigt Räume, die mit Orientteppichen verhüllt worden sind. Wie entstand diese Idee und welche Aussage möchten Sie damit vermitteln?
Die Fragestellung, die dem Projekt voranging, war die räumliche Wirkung von Fotografien zu erforschen. Ich habe dann versucht in meinen Arrangements die räumliche Wirkung aufzuheben, indem ich die Teppiche über alle Flächen ausgebreitet habe. Dabei fiel mir das Zusammenspiel der Ornamente auf, die in jedem einzelnen Teppich und dann in der Gesamtheit des Bildes mit einem neuen Muster ihre Wirkung entfalten. Die fensterlosen Räume ihrer Aufnahmen kapseln natürlich ab.
War das von Vornherein so von Ihnen gewünscht oder ergab sich das aus der Arbeit?
Für mein künstlerisches Konzept ist das Gefühl von Abkapselung sehr wichtig, deshalb verberge ich auch die tatsächlichen Räume hinter den Teppichen und zeige keine Fenster. Damit bleibt die Frage offen, ob es die Räume wirklich gibt oder ob sie nur für die Fotografien gebaut wurden.
Ist Spontanität wichtig für Sie als Fotografin oder musste diese Fotoreihe lange geplant und gut durchdacht werden?
Planung ist für mich unabdingbar. Aus einer spontanen Idee, die als Initialzündung eines Konzeptes stehen kann, folgt in jedem meiner Projekte eine lange Umsetzungsphase, die mit viel Scheitern verbunden ist. An meinem Projekt Ottomane habe ich insgesamt zwei Jahre gearbeitet, um ein Ergebnis zu erzielen, das mich maximal zufriedenstellt. Ich denke, dass dieser Widerstand innerhalb meiner künstlerischen Praxis mitunter der Grund dafür ist, warum ich überhaupt in diesen Größendimensionen arbeite.
Wann kamen Sie zum ersten Mal überhaupt mit Fotografie in Berührung und was gab den Ausschlag dafür?
Ich bin 1992 geboren und damit in einer Zeit aufgewachsen, in der Digitalkameras und später Handykameras allgegenwärtig waren. Als Jugendliche kam ich deshalb schnell in Berührung mit dem Medium und entwickelte großen Gefallen an dem Ausschnitthaften von der Welt, das durch meine subjektive Wahrnehmung eingefangen wird und bestehen bleibt. Heute würde ich mich jedoch nicht als Fotografin beschreiben. Mein Medium sind vielmehr meine Gedanken, aus denen ich Ideen für Kunstwerke konstruiere. Die Fotografie ist dabei oftmals nur ein Mittel zum Ausdruck.
Gibt es Vorbilder für Sie?
Natürlich! Ich bin begeistert von der Ideenwelt des Julius von Bismarck. Auch inspirieren mich die Arbeiten von Santiago Sierra, Duane Michals und ganz aktuell: Ulay.
Wie muss man sich einen Arbeitsalltag von Ihnen vorstellen?
Klären Sie uns doch bitte einmal auf. Mein Arbeitsalltag besteht darin, dass ich morgens für 3-4 Stunden zu neuen Konzepten brainstorme, in Kunsttheorie- oder Philosophiebüchern lese und Mails beantworte. Das ist mit Abstand meine produktivste Zeit am Tag, da meine Gedanken am Morgen besonders klar und griffig sind. Danach fahre ich in die Kunstakademie und versuche in den Werkstätten meine Ideen zu visualisieren. Die Kunstakademie ist natürlich auch der Ort, an dem ich Gespräche mit anderen Künstler*innen über meine Arbeit führen kann. Dieser Austausch ist für mich ein ebenso elementarer Bestandteil meines Alltags.
Was macht denn für Sie ein nachhaltiges, starkes und innovatives Foto aus?
Ich denke, ein starkes Foto ist eins, das den geneigten Betrachter*in vor Fragen stellt. Im besten Fall ist es ein Impulsgeber für eine Debatte, die im Gespräch mit anderen diskutiert werden kann. Meiner Meinung nach muss Kunst dazu anregen, sich mit seiner Umwelt auseinanderzusetzen und sich als Teil des Ganzen, seiner Mitwelt, verstehen zu können, deshalb müssen Künstler*innen auch den romantischen Glauben daran behalten, die Welt verändern zu können. Ich fürchte jedoch, dass dies vielen bereits abhandengekommen ist.
Jetzt haben Sie einen tollen Preis gewonnen. Was planen Sie als nächstes?
Ich arbeite derzeit an einem Projekt, das sich inhaltlich mit der Problematik von Weltraumschrott auseinandersetzt. Dabei bediene ich mich des Phänomens, dass Schrottteile von Zeit zu Zeit unkontrolliert zurück auf die Erde fallen. Ich finde, dass in diesem Bild sowohl eine humoristische, als auch tragische Komponente steckt, die ich künstlerisch visualisiert haben möchte.