bochum macht spaß
PATER JUSTINIUS
DER PATER MIT DEM GIN
Das Zisterzienserkloster in Bochum Stiepel ist nicht nur für Bochumer ein beliebter Anlaufpunkt, sondern auch für Touristen, die unsere Stadt ein bisschen besser kennenlernen möchten. Doch seit einiger Zeit ist das Kloster um eine Attraktion reicher, denn ein Pater namens Justinus kam doch tatsächlich auf die Idee, einen eigenen Gin zu kreieren und diesen nun auch überregional zu vertreiben. Wir sprachen mit Pater Justinus über seinen Gin, aber natürlich auch über die Aufgaben und das Leben in einem Zisterzienserkloster.
Pater Justinus, wann haben Sie für sich den Entschluss gefasst, Theologie zu studieren und vor allem, was war der ausschlaggebende Grund dafür?
Parallel zu meiner Promotion in Wirtschaftsethik an der Handelshochschule in Leipzig habe ich Theologie studiert. Das bot mir die Möglichkeit, mich neben dem Promotionsthema noch mit anderen interessanten Fragestellungen zu beschäftigen. Das Studium der Theologie ist eine der besten Schulen, um strukturiert denken zu lernen. Für mich ging es aber auch darum, eine Berufung zu einem klösterlichen Leben für mich zu prüfen, dabei war die Auseinandersetzung mit den systematischen Fragen nach Gott einfach wichtig. Davor hatte ich schon über mehrere Jahre ein eigenes Unternehmen. Nach dem Verkauf war es mir möglich, mich wieder mehr der Wissenschaft zu widmen und wichtige, existenzielle Fragen zu beantworten.
Das Zisterzienserkloster gibt es ja noch nicht so lange. Wann hatten Sie Ihren ersten Kontakt und wie kam es dazu, dass Sie heute in Bochum arbeiten?
Vor 30 Jahren sind die ersten Mönche aus Österreich in das Ruhrgebiet gekommen. Das Zisterzienserkloster in Stiepel ist eine Tochter der Abtei Heiligenkreuz im Wienerwald. Dort bin ich nach dem Studium der Theologie eingetreten und wurde vor drei Jahren als Ökonom nach Stiepel versetzt. Der Ökonom kümmert sich um die wirtschaftlichen Angelegenheiten eines Klosters und der vierzehn Mönche, die hier wohnen und arbeiten. In seiner Entscheidung, welcher Mönche wo eingesetzt wird, ist der Abt völlig frei, wobei der Mönch vor einer Versetzung selbstverständlich angehört wird. Neben der Tätigkeit als Ökonom habe ich das „Institut für Führungsethik“ aufgebaut, welches Führungsseminare und Coaching für Manager anbietet.
Wie stellt sich für Sie als Pater der Arbeitsalltag zusammen und was sind Ihre hauptsächlichen Aufgaben?
Die Grundstruktur des Tagesablaufes eines Mönches ist durch die Regel des Hl. Benedikt von Nursia (480-547) vorgegeben. Dieser Gründermönch der benediktinischen Ordensfamilie fordert von einem Mönchen: bete, arbeite und lese! Dieses „ora, labora et lege“, wie es im Lateinischen heißt, bedeutet für
uns Mönche, dass wir für die Welt jeden Tag beten. In Stiepel beginnen wir damit um 6 Uhr morgens und die Mönche versammeln sich sieben mal während
des Tages in der Kirche zum Gebet. Dann geht jeder Mönch seiner Arbeitsaufgabe nach, entweder als Pfarrer, Kaplan, Novizenmeister, Wallfahrtsleiter, Küchenmeister, Ökonom, Gartenmeister oder, oder, oder. Darüber hinaus ist jeder Mitbruder zur geistlichen Lektüre angehalten und soll jeden Tag Zeit
für das Studium von geistlicher Literatur haben. Meine Aufgaben sind neben den wirtschaftlichen Fragen des Kloster, das Erarbeiten und Unterrichten von
Führungs- und Businessethik an zwei Hochschulen, die Leitung des Instituts für Führungsethik und natürlich der Monastic Dry Gin.
Spannend ist, dass Sie im Klosterladen einen Gin herstellen, den „Monastic Dry Gin“. Amüsant ist der Hinweis auf der schick gestalteten Flasche: „Made in silence“. Wie kam es denn zu dieser phantastischen Idee?
Wer in ein Kloster eintritt, liebt die Stille und erfreut sich am Schweigen. Dabei ist das Schweigen nicht ein Selbstzweck, sondern führt zur inneren Mitte
unseres Lebens, zu Gott. Von daher ist der Slogan: „Made in Silence“ unser Lebensprogramm. Aus dieser inneren Stille und Ausgeglichenheit, die der Mönch
im Kloster sucht und findet, kann folglich ein ganz anderes Produkt erwachsen. Die Idee zu diesem Gin kam uns, weil wir merkten, dass wir die Produktpalette in unserem Klosterladen in Stiepel erweitern müssen. Dazu wollten wir auch etwas haben, das wir in unserem eigenen Kloster mit herstellen können. Da haben wir dann geschaut, welche Erfahrung und welches Wissen bringen unsere Mitbrüder mit und wer kann hier etwas beitragen. Da wir bereits einen Klosterlikör im Angebot haben (dieser wurde von unserem heutigen Abt Maximilian selbst entworfen), konnten wir hier schon auf „Produktionswissen“ zurückgreifen.
Warum Gin, gab es schon vorher Erfahrungswerte?
Wir haben uns den Markt angeschaut und geguckt, was in anderen Klöstern produziert wird, damit man nicht einfach Etwas nachahmt. Dann schauten
wir, was man für einen guten Gin braucht, nämlich Getreide und Kräuter. Wir haben in Heiligenkreuz eine Landwirtschaft, die ab dem kommenden Jahr
ökologisch anbaut. Dann können wir sogar einen „Bioalkohol“ verwenden. Einige der Kräuter kann ich in Bochum in unserem eigenen Garten anbauen, was
mir nicht nur als Hobbygärtner große Freude bereitet. Dazu haben wir ein eigenes Glashaus im Garten, welches jetzt wieder sinnvoll genutzt werden kann.
Wie haben Sie denn die richtige Mischung herausgefunden?
Wir haben mit einer kleinen Testanlage die ersten Gehversuche unternommen. Dabei wurde mit einem erfahrenen Destillateur zusammengearbeitet und
wir wurden folglich bis heute auch vor Fehltritten bewahrt. Dafür bin ich sehr dankbar. Nachdem wir gemerkt haben, dass wir ein Spitzenprodukt in den
Händen halten, wurden Focusgruppen gebildet. Das sind Testgruppen von zukünftigen Konsumenten. Dabei wird der Gin in einem blind tasting mit anderen Gins verglichen. Dort haben wir sehr gut abgeschnitten und deshalb dann den Markteintritt gewagt. Heute suche ich gute Spirituosenhändler, die unseren Monastic Dry Gin in ihre Produktpalette mit aufnehmen.
Was macht den „Monastic Dry Gin“ denn so besonders und hebt ihn entscheidend von namhaften Produkten ab?
Dadurch, dass wie den Alkohol selbst produzieren und nur einen kleinen Anteil an Industriealkohol verwenden, besticht der Monastic Dry Gin durch einen
sehr weichen Geschmack. Wie es dem mönchischen Leben entspricht, ist dieser Gin ein ehrlicher Wacholder Gin, der durch die feine Abrundung mit
einigen (heimischen) Kräutern besticht. Hier wären neben dem Wacholder, den wir aus Italien beziehen, auch Zitrone, Basilikum und Zitronenmelisse zu
nennen. Dieser Gin und das ist schon einzigartig, kann sowohl als Digestif pur getrunken, als auch mit einem Fever Tree Mediterranean Tonic genossen werden.
Haben Sie durch den Gin auch Menschen auf das Kloster aufmerksam gemacht oder wird Alles nur online abgewickelt?
Was uns besonders erfreut ist, dass Menschen, die vorher noch nie im Kloster Stiepel waren, jetzt den Weg zu uns in den Klosterladen finden. Wir konnten
somit nicht nur neue Kunden für unseren Klosterladen gewinnen, sondern hoffentlich auch Menschen etwas von dem vermitteln, was wir als Mönche hier
den ganzen Tag tun. Deutschlandweit versenden wir den Gin über unseren online-shop www.monastic.de und haben seit dieser Woche auch einen Vertrieb
in Österreich über www.klosterladen.at. Daneben etabliert sich der Gin aber auch als ein Bochumer Produkt, welches Menschen gerne verschenken, wenn
sie eine Aufmerksamkeit aus Bochum mitbringen möchten. Dies berichten uns die Vertriebspartner bei Bochum Marketing und Feines bei Feuerstein in
der Bochumer Innenstadt. Als Nächstes würde ich gerne mal unserem Oberbürgermeister eine Flasche schenken und auf Bochum anstoßen.
Ich laß im Internet, dass Sie bald auch auf den Ginflaschen Wissen über die Kirche, beispielsweise über den ein oder anderen Papst vermitteln wollen. Was genau haben Sie geplant?
Ich produziere pro Charge derzeit 600 Flaschen, die immer einen eigenen Namen tragen. Dies hat mit Linus begonnen und dann folgten Cletus und Clemens. Das sind die Namen der Päpste nach Petrus. Der nächste Namensträger wird dann Evaristus. Dieser hat die Kirche von 97-105 regiert. Damit können wir sowohl auf schöne Vornamen, als auch ein Stück des Erbes aufmerksam machen, auf das unser heutiges Europa fußt. So war der Papst Evaristus vermutlich von griechisch-jüdischer Herkunft. Gerade in Zeiten, in denen sich die Frage stellt, was Europa im Innersten zusammenhält, scheint es mir sehr wichtig, dass wir uns unseren Ursprungs wieder bewusster werden. Das Erbe Europas sind die drei Kulturpunkte: Jerusalem, Athen und Rom. Europa ist ohne das jüdische Leben, das griechisch-philosophische Denken und den römisch-christlichen Glauben nicht erklärbar. In Zeiten, in denen politisch so Viel in’s Rutschen geraten scheint, wollen wir hier wieder mehr auf unsere Wurzeln verweisen. Wenn durch die Namensgebung einige Menschen wieder neu über das Nachdenken, was Europa, unser eigentliches Heimatland, ausmacht, dann hätten wir viel mehr erreicht, als nur einen guten Gin zu produzieren.
Was ist ihr langfristiges Ziel mit Ihrer starken Geschäftsidee?
Für uns wäre es eine große Freude, wenn wir mit diesem Produkt Etwas für die Stadt Bochum tun könnten. Wir merken, dass wir in Bochum wieder
mehr Unternehmergeist brauchen. Menschen sollten das tun, was sie gut können und wovon sie überzeugt sind. Hier sollten wir nicht auf die großen Konzerne warten, sondern selbst unser Leben in die Hand nehmen. Bochum braucht hier eine neue Form des wirtschaftlichen Aufbruchs. Hier kann der Monastic Dry Gin nur ein ganz kleiner Betrag sein. So will ich im nächsten Schritt für einen Bochumer Unternehmer eine Charge produzieren, sodass er diesen Bochumer Gin an seine Geschäftspartner als etwas Besonderes verschenken kann. Dabei geht es mir besonders darum, Menschen auf Gott und Christus aufmerksam zu machen. Wie beantworten wir die Frage, dass es überhaupt so etwas wie den Urknall gegeben hat oder – philosophisch formuliert – warum ist etwas und nicht vielmehr nichts. Jeder von uns muss seine Antwort auf diese Frage, nach dem „Woher komme ich?“ und „Wohin gehe ich?“ beantworten. Die unübertreffliche Antwort, die ich darauf gefunden habe ist, dass es jemanden gibt (Gott), der wahrhaftig ist und diese Welt in das Dasein gerufen hat und jeden von uns liebt und annimmt. Wenn es mir hilft, dies mit dem Monastic Dry Gin in die Welt zu bringen, dann habe ich doch Etwas erreicht.
Das hört sich vielversprechend an. Wir drücken Ihnen die Daumen und bedanken uns für das Interview.
Haben Sie vielen Dank für unser Gespräch.