DR. POP | DOPPELTES NACHHAUSEKOMMEN: BOCHUM UND BÜHNE
Foto: Dr. Pop

Interview: David Wienand

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Er ist einer der kulturschaffenden prominenten Söhne der Stadt, die es in die Ferne, nach Berlin, gezogen hat; wobei er es jedoch nicht versäumt, in sehr regelmäßigen Abständen wieder in der alten Wattenscheider Heimat und dort bei seinen Eltern vorbeizuschauen. Die Rede ist von dem studierten und promovierten Medien- und Popmusik-Wissenschaftler Dr. Markus Henrik, besser bekannt unter seinem Pseudonym Dr. Pop. Als Comedian in seiner RBB-Radio-Kolumne »Dr. Pops Tonstudio« und aktuell mit seiner Bühnen-Show »Hitverdächtig« und dem Buch »Dr. Pops musikalische Sprechstunde« geht er so spannenden Fragen auf den Grund wie der, warum sich Termiten wesentlich schneller durch Holz beißen, wenn sie dabei Heavy Metal hören. Bochum macht Spaß begab sich zum klärenden Gespräch in Dr. Pops Sprechstunde und erfuhr aus berufenem Munde so manches Erstaunliche aus der großen, weiten Welt der Popmusik.

Vor wenigen Wochen hattest du deinen ersten Auftritt – nach einer langen Auftrittsdurststrecke – ausgerechnet in deiner Heimatstadt Bochum. Beschreib doch mal deine Gefühle dabei.
Ich war erst einmal von dem herzlichen Empfang begeistert. Ich hatte noch gar nicht richtig eingeparkt, da fragte schon jemand vom Haus, ob man beim Tragen helfen kann. Ein paar Minuten später spielte ich den Flügel auf der Bühne an und wollte gar nicht mehr aufstehen. Der klang super. Den Flügel hätte ich nach der Show dann am liebsten in mein Auto getragen, aber ich hab ihn dann doch dagelassen. Es war jedenfalls wie ein doppeltes Nachhausekommen: Bochum plus Bühne.

Wie oft treibt es dich noch als Privatmensch in die alte Heimat?
Zum Glück alle zwei bis drei Wochen. Es gibt dann doch einige Auftritte in NRW, bei denen ich mir das Hotel sparen und bei meinen Eltern unterkommen kann. Den Room-Service und das Frühstück kann ich sehr empfehlen.

Du bist derzeit in erster Linie mit deinem neuen Buch »Dr. Pops Musikalische Sprechstunde» unterwegs und rezitierst bei deinen Auftritten auch daraus. Worum geht es darin?
Es geht darum, was Musik in unserem Leben alles besser macht. In vierzehn Kapiteln trage ich zahlreiche Studien zusammen, die zeigen, wie Musik unsere Gesundheit, unsere Beziehungen oder die Sportmotivation verbessert. Außerdem kann man durch das Singen unter der Dusche sein Selbstbewusstsein stärken oder das Phänomen des Ohrwurms sehr positiv für sich nutzen. Und wer regelmäßig auf Konzerte geht, kann bis zu sieben Jahre länger leben – kein Witz! 14 Kapitel finden sich in »Dr. Pops Musikalische Sprechstunde », von „Eternal Flame - Evolution“ geht es über „Staying Alive - Gesundheit“ bis hin zu „Music Was My First Love - Liebe zur Musik“. An welchen Kapiteln hattest du beim Recherchieren und Schreiben ein besonderes Vergnügen? Faszinierend fand ich die Erkenntnis, dass die Menschheit ohne Wiegenlieder wohl nicht überlebt hätte. Man weiß erst seit kurzem, dass Babys, wenn Ihnen vorgesungen wird, ein lebenswichtiges Cortisol entwickeln. Vergnüglich waren aber auch die Erkenntnisse darüber, dass Kühe weniger Milch geben, wenn man Ihnen „Herzilein“ von den Wildecker Herzbuben vorspielt – das hat man wirklich gemacht – oder warum Beethoven ein ganz anstrengender Mieter war, der allein in seiner Zeit in Wien 69mal (!) umzog. Er grölte rum, machte nachts laute Musik. Bei meinen Eltern in Wattenscheid würde man sagen: ein ganz normaler Nachbar.

Du nimmst sehr gerne die Genres Schlager und Deutsch- Rap kritisch und ironisch aufs Korn. Was konkret missfällt dir bei beiden Stilrichtungen?
Beim Deutsch-Rap oft das gestörte Selbstbild. Einerseits auf dicke Hose machen, dann aber musikalisch und textlich nicht selten auf Kindergarten-Niveau verbleiben. Es war für mich ein Leichtes, für Capital Bra ein „Biba-Butzemann“- Raplied zu schreiben. Beim Schlager finde ich problematisch, wenn die Amigos Gedenkmünzen von sich für 50 Euro das Stück verkaufen – das machen die wirklich – und das subtil als eine Art Wertanlage anpreisen. Das hat manchmal Kaffeefahrt-Niveau und mir tun die zumeist älteren Leute leid, die da mit dem Amigos-Enkel-Trick geködert werden. Als Altersvorsorge taugt die Münze nämlich nicht. Und jetzt habe ich noch gar nicht von deren Musik gesprochen.

Du hast bei deinem Auftritt auch die Frage gestellt bekommen, warum es derzeit so viel schlechte Musik gebe. Kannst du bitte deine Antwort darauf auch hier noch einmal wiederholen.
Zunächst muss man sagen, es gab noch nie so viel Musik und so viele Veröffentlichungen wie heutzutage. Das hängt mit der Demokratisierung der Produktionsmittel und Distributionswege im Netz zusammen. Daher gibt es auch sauviel gute Musik. Aber ja, es gibt auch schlechte Musik, genauso wie es plumpe Kinofilme, ungesundes Essen oder RTL II gibt. Solange es dafür einen Markt gibt, werden triviale Dinge produziert. Und vor allem reproduziert, wenn etwas erfolgreich ist. Auch hier hilft nur Bildung. Wenn Sie Kinder haben und die schlechte Musik hören, einfach mal bei einer gemeinsamen Autofahrt in der Playlist zwischen Apache 207 und Bausa was von den Beatles einschieben. „Get Back“ vielleicht. Das ist dann so, als würde man etwas Gemüse unter die Pommes mischen.

Was macht denn für dich – auch als studierter und promovierter Musikwissenschaftler – gute Musik, einen guten Song aus und nenn gerne mal aktuelle Beispiele hierfür.
Ich mag Produktionen, bei denen man live eingespielte Instrumente hört, die knackig, dicht und präsent abgemischt sind. „Hum“ von Crouse zum Beispiel. Oder „Crying At The Soundcheck“ von Burkini Beach. Da ist der Text auch sehr berührend – besonders für jeden, der schon mal eine kleine Band hatte.

Blicken wir auf Weihnachten und in das nächste Jahr. Was sind deine Hoffnungen und Pläne? Spielt Bochum darin wieder eine Rolle?
Jawohl! Da ich von dort aus einige Städte im Ruhrgebiet und drum herum bereisen und dann bespielen werde. Oberhausen, Wuppertal, Düsseldorf … Und ich werde sicher auch wieder Frank Goosen auf einen Kaffee treffen. Wir waren einige Jahre in einem Literatur-Late-Night-Format auf der Bühne zusammen aktiv und pflegen bis heute einen tollen Austausch. Denk ich an Bochum, denke ich an meine Familie, an Freunde, an Frank, an das Schauspielhaus, an meinen ehemaligen Schachverein, die SG Bochum 31, und natürlich auch an den besten Fußballclub der Welt: Die SG Wattenscheid 09.

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